Diese trippigen Nach-Club-Träumereien sind genauso erfinderisch und inspiriert wie das Werk, das ihnen vorausging.
14 · 11 · 2025
In einem Interview mit Rolling Stone sinnierte FKA twigs über den Ausbruch von Inspiration und Kreativität, der auf die Veröffentlichung eines Albums folgt. Es ist ein Schub, ein Puls; eine Epiphanie, dass ein Werk nicht endlich, sondern unergründlich ist. Dieser Flow-Zustand untermauerte twigs’ atomisiertes Clubmusik-Meisterwerk ‚EUSEXUA‘ und prägt das Begleitalbum ‚EUSEXUA Afterglow‘.
Während ihr Vorgänger das volle Spektrum von Tanzflächen-Verlassenheit und Euphorie erforschte, konzentriert sich ‚Afterglow‘ auf die Stunden nach dem Rave, wenn man einen Ort der Gemeinschaft verlassen hat und ein körperloses Gefühl zurückbleibt. Abseits des anstürmenden Donners des Hardcore-Openers ‚Love Crimes‘ – dem Übergangspunkt zwischen beiden Alben – ist ‚Afterglow‘ überwiegend ein nebliges Miasma aus fraktalen Beats, verarbeiteten Vocals, die auftauchen und genauso schnell wieder verschwinden, und nächtlicher Synth-Arbeit, die sich verwandelt und mutiert.
‚Afterglow‘ kartografiert twigs’ fragmentierte Comedown-Realität mit einer fremdartigen Tendenz, als wäre sie eine Beobachterin, die das Nach-Club-Gewusel aus der Ferne betrachtet. Losgelöste, unentzifferbare, halb-erinnerte Momente steigen an die Oberfläche; Ekstase, Trunkenheit, Hunger, Verlangen, Isolation. In diesem Strudel glänzt ‚Afterglow‘.
‚Slushy‘, mit seiner ruckelnden Perkussion, die zu einem Jungle-Klimax anschwillt, und die Trip-Hop-Pompösität von ‚Cheap Hotel‘ finden Trost und Zuspruch in Essen, Sex und Fremden. Die Ballsaal-Pracht von ‚Sushi‘ – ein retrospektiver Verweis auf den Track ‚Glass & Patron‘ von 2015 – ist der freudige, drop-moment auf der Straße mit deiner gewählten Familie. Das steht im Kontrast zu den östlich gefärbten Rhythmen von ‚Lost All My Friends‘, die in twigs’ hohlen, gehauchten Strophen eine Wehmut auspressen, ihre Verankerung in Zeit und Ort im Dunst nahezu verloren.
Es gebührt FKA twigs’ Verdienst, dass sich ‚Afterglow‘ wie eine Fortsetzung, eine parallele Übung und ein Nachtrag zu ihrer Sicht auf den Rave anfühlt. Es mag der popakzentuierten Unmittelbarkeit von ‚EUSEXUA‘-Tracks wie ‚Perfect Stranger‘ und ‚Room of Fools‘ fehlen, doch hier wird ein Übermaß an transzendenter Tanzmusik geboten, geschickt unterlaufen von einem sinnlichen, erfinderischen, hochauflösenden Ansatz, der stets in Richtung Zukunft weist.
8/10
Text: Shahzaib Hussain
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