Mit „HUMANiSE“ tritt HAAi (Teneil Throssell) selbstbewusst in die Mitte ihres eigenen Klanguniversums. Während ihr Debütalbum und die DJ-Kicks-Compilation sie als Meisterin von Textur, Rhythmus und publikumsgetriebener Energie präsentierten, geht dieses zweite Studioalbum weiter und lässt das menschliche Herz in den Vordergrund treten. Es ist ein ehrgeiziges, emotional berührendes Werk, das clubtaugliche Energie mit intimer Verletzlichkeit verbindet und das Digitale und das zutiefst Persönliche mit Präzision und Fürsorge verknüpft.
Schon in den ersten Momenten von „Satellite“ – einer Zusammenarbeit mit Jon Hopkins, Obi Franky, ILĀ und TRANS VOICES – legt das Album seine doppelte Ambition offen: das Synthetische und das Organische, das Ekstatische und das Zärtliche. Mit Chören, filigranen Gesangslinien und weiten Synthesizern geschichtet, setzt der Track den Ton für ein Album, das sich nie auf eine einzige Stimmung einlässt. Es ist ein Werk der Kontraste: maschinengesteuerte Beats treffen auf reichhaltige, menschliche Emotion; ekstatische Grooves stehen neben Momenten der Stille und Reflexion.
HAAis Gesang, zuvor ein dezenter Faden in ihrer Arbeit, ist hier eine Offenbarung. Auf Stücken wie „Can’t Stand To Lose“ und „All That Falls Apart, Comes Together“ (mit dem Dichter James Massiah) trägt ihre Stimme Verletzlichkeit, ohne jemals zerbrechlich zu wirken. Das sind Songs, die Aufmerksamkeit verlangen, nicht nur wegen ihrer klanglichen Ambition, sondern wegen ihrer Fähigkeit, Raum zu schaffen, den der Hörer voll einnehmen kann. HAAis Entscheidung, ihre Stimme in den Vordergrund zu stellen, ist mehr als eine stilistische Wahl – es ist ein Statement, eine Erinnerung daran, dass Musik selbst in einer von Maschinen und Bildschirmen beherrschten Welt eine zutiefst menschliche Erfahrung bleibt.
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Der kollaborative Geist des Albums verstärkt dieses Thema. HAAi greift auf ein Netzwerk von Freunden und Mitwirkenden zurück – von Alexis Taylor (Hot Chip) und dem Rapper KAM-BU bis zu Kaiden Ford und Chören unter der Leitung von ILĀ und Wendi Rose – um ein Gefühl von Gemeinschaft zu schaffen. Es gibt hier eine Großzügigkeit: „HUMANiSE“ wirkt weniger wie eine individuelle Aussage als vielmehr wie eine Einladung in einen geteilten emotionalen Raum. Tracks wie „Shapeshift“ und „New Euphoria“ sind nicht nur klanglich mitreißend, sondern wirken auch lebendig durch die Energie kollektiver Schöpfung.
Trotz seiner weitreichenden Ambitionen verliert „HUMANiSE“ nie sein Kernziel aus den Augen. Es ist ein Album über Verbindung im Zeitalter digitaler Ablenkung, eine Erinnerung daran, dass Gefühl und Empathie zentral für die menschliche Erfahrung bleiben. HAAi navigiert durch komplexe Texturen, Breakbeats und hymnische Synthesizer, ohne dass das Album kalt oder distanziert wirkt. Stattdessen ist „HUMANiSE“ warm, immersiv und geerdet – ein Werk, das dich binnen Minuten sowohl auf die Tanzfläche als auch in einen introspektiven Raum transportieren kann.
Vom pulsierenden, kinetischen Antrieb von „Go“ (feat. Kaiden Ford) bis zur filmischen Traumhaftigkeit von „Rushing“ (feat. ILĀ & TRANS VOICES) ist das Album ein Beweis für HAAis Bandbreite und Vision. Jeder Track hat seine eigene Identität, und doch bilden sie zusammen eine kohärente Erzählung über Widerstandskraft, Verbindung und die Schönheit geteilter Erfahrungen. Eine Spannung durchzieht das Album – zwischen Rausch und Intimität –, die den Hörer von Anfang bis Ende gefesselt hält.
In einer Landschaft, die von elektronischer Musik übersättigt ist, die oft Spektakel über Substanz stellt, hat HAAi etwas Seltenes geschaffen: ein Album, das sowohl intellektuell anspruchsvoll als auch emotional großzügig ist. „HUMANiSE“ ist nicht nur eine Sammlung von Tracks; es ist eine Vision dessen, was elektronische Musik sein kann, wenn sie Verletzlichkeit, Gemeinschaft und das menschliche Herz annimmt. Für alle, die HAAis DJ-Sets erlebt haben, fängt das Album dasselbe Gefühl von Euphorie und Liebe zum Detail ein – fügt jedoch eine intime, fast beichtende Dimension hinzu, die völlig originell wirkt.
8/10
Text: Josh Crowe
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Mit 'HUMANiSE' tritt HAAi (Teneil Throssell) selbstbewusst ins Zentrum ihres eigenen klanglichen Universums. Wo ihr Debütalbum und ihre DJ-Kicks-Compilation