Die moderne Soul-Spezialistin schließt ihre „Over It“-Trilogie mit einer Sammlung ab, die Stil und Substanz ausbalanciert.
16 · 11 · 2025
Summer Walker wollte, dass der Abschluss ihrer „Lover Girl“-Trilogie dem feierlichen Anlass einer Hochzeit entspricht. Der Aufbau zur Veröffentlichung ihres dritten Albums ‚Finally Over It‘ war bewusst: eine langsam tropfende Enthüllung des Cover-Artworks, das sich an den berüchtigten Hochzeitsfotos von 1994 von Anna Nicole Smith und dem 89-jährigen Milliardärs-Öltycoon J. Howard Marshall II. orientierte, eine Track-für-Track-Analyse, eine Reihe viraler Teaser; darunter ein im 90er-Stil gehaltener Hotline-Werbespot, verschwommene Albumcover auf Streaming-Plattformen und ein spielerischer Lügendetektor-Test, der Fan-Spekulationen über Gastbeiträge und Themen bestätigte.
In diesem langen Promo-Reel erschien Walker meist in einem Hochzeitskleid – ein wiederkehrendes Epochen-Motiv, das ein Märchen-Ende signalisierte, nachdem sie jahrelang Verrat und Herzschmerz schonungslos und unverblümt dokumentiert hatte. Das Doppelalbum ‚Finally Over It‘ ist die Totenglocke für die Vorstellung, dass die Ehe das endgültige Ziel, das ersehnte Ergebnis sei. Auf Instagram schrieb Walker, dass ‚For Better‘, Disc 1 ihres umfangreichen 18-Track-Albums, eine Reise zur Selbstliebe aus einem Ort der Selbstvorwürfe sei. „Es geht darum, mich zu wählen, vollständig und endlich … Ich habe Entscheidungen getroffen, die für andere nicht immer Sinn ergaben, aber ich bereue keine davon. Sie haben mich alle etwas gelehrt.“ ‚For Better‘ macht klar, dass Konflikt und Dysfunktion neben Verlangen, Treue und Loyalität allgegenwärtig sind. Liebe ist ein Widerspruch, und Walker gehört zu einer Schule beichtartiger R&B-Songwriter, die fähig sind, die komplizierten Nuancen dieses Phänomens wirkungsvoll zu vermitteln.
Die neun Tracks, die die erste Hälfte ausmachen, sind zugegebenermaßen der stärkere, überzeugendere Teil von Walkers langer Pilgerreise nach der Trennung. Der symphonische Opener ‚Scars‘ setzt die Stimmung in einer verheerenden Zeile: „I can’t see you for who you are / If you won’t show me what’s beneath those scars.“ Ist es ein Appell an sie selbst oder an ihren Ex-Partner? Walkers nachspürende Worte sind tagebuchhaft, doch die Wirkung ist stets universell. Das Grammy-nominierte ‚Heart Of A Woman‘, das sich nun seit über einem Jahr als R&B-Standard etabliert, zeigt Walker in ihrer fatalistischsten Form: Selbstschutz hin oder her, ein gezeichnetes Herz will, was es will. ‚1-800 Heartbreak‘, gefärbt von sanft gezupfter spanischer Gitarre und gestärkt durch einen Wechsel in ein jazziges Crescendo des legendären Produzenten Bryan-Michael Cox, lässt Walker und Anderson .Paak zwischen liebeskranken Tönen und einer mit der Zeit anschwellenden Resignation wechseln.
Die Gastauftritte und das geschaffene Weltenbild auf Disc 1 sind prägnanter als auf Disc 2, ‚For Worse‘, das zwischen Perspektiven wechselt und dem Objekt von Walkers Missfallen eine Stimme gibt. In ‚FMT‘, einem poppigen Country-Bop, verzichtet Walker auf wahre Liebe zugunsten transaktionaler Beziehungen. Abgesehen von ‚FMT‘, der an Aaliyah erinnernden langsamen Groove-Odyssee ‚Don’t Make Do It/Tempted‘ und dem orchestralen Schlussstück ‚Finally Over It‘ fehlt ‚For Worse‘ der Puls und die Dynamik der eröffnenden Songfolge. Indem sie das Ewige ablehnt, wird Seelenfülle durch Härte ersetzt, und die Vielzahl vorwiegend männlicher Gastbeiträge trägt wenig dazu bei, dem umgekehrten Erleben von Walkers romantischen Annäherungsversuchen echte Wucht oder Resonanz zu verleihen.
Dennoch balanciert ‚Finally Over It‘ Stil und Substanz. Es ist das Werk einer Künstlerin, die verstanden hat, dass das schlagende Herz des R&B eine ehrliche Ausgrabung von Gefühl und gelebter Erfahrung ist. Walker steht über ihren überproduzierten Kolleginnen und Kollegen, auf einer Stufe mit Jazmine Sullivans scharfsinniger Sicht auf modernen Soul. Die zuckergussartigen Melodien und die üppige Produktion verleihen ‚Finally Over It‘ diesmal ein reibungsloses Gefühl, doch Walkers schmerzliche Monologe halten alles in der Realität verankert. ‚Finally Over It‘ ist eine gekürzte, kumulative Darstellung, die sich zwischen der Sanftheit und der Verachtung bewegt, die Walkers erste beiden Werke prägten. Es ist als Lösung, als klarer Schnitt gerahmt. Aber wie bei allem, was davor lag, wetten wir darauf, dass Summer Walker in ein oder zwei Jahren erneut eine rohe Parabel über die Liebe als ultimatives Rauschmittel präsentieren wird. Zum Guten oder zum Schlechten.
7/10
Text: Shahzaib Hussain
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Summer Walker wollte, dass der Höhepunkt ihrer „Lover Girl“-Trilogie dem bedeutsamen Anlass einer Hochzeit gleicht. Der Aufbau zur Veröffentlichung ihrer