Lily Allens Feder hat sich längst als eines der schärfsten Werkzeuge der britischen Popmusik erwiesen. Eine Songwriterin, die das Vokabular der Charts erweiterte, verwandelte sexuelle Unzufriedenheit in einen der prägenden Ohrwürmer der 2000er. Das neue Album 'West End Girl' ist ihr erstes seit acht Jahren, veranlasst durch Umzug und Herzschmerz. Die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion verwischend, ist es textlich brutal – stellenweise weniger eine Charaktererschießung als ein Drive-by-Shooting, das Top Boy würdig wäre. Es ist zugleich eines ihrer duftigsten, leichten Poparrangements, das Dunkelheit mit pikanten Melodien ausbalanciert. Romanhaft im Ton ist es ein fesselndes, schonungslos offenes Erlebnis, das auf schockierende Weise an ihr unermüdlich fesselndes Gespür für poppige Ehrlichkeit erinnert.
Es beginnt hoch. 'West End Girl' zeigt Lily Allen beim Übersiedeln über den Atlantik, wie sie in New York ein neues Zuhause findet – nur damit ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Die scharfe 180-Grad-Wendung verursacht emotionale Reisekrankheit bei Hörer und Erzählerin – man wird auf Liebe und Romantik eingestellt und stattdessen mit Verrat und Verwüstung konfrontiert.
Gemeinsam mit dem musikalischen Leiter Blue May geschaffen, stützt sich die Klangpalette auf Allens formative Einflüsse – erwartet UKG, Rave, geschliffenen elektronischen Pop und sogar ein pitch-versetztes Lumidee-Sample. 'Ruminating' setzt spätnächtliche Gedanken gegen den Puls der Clubkultur; Grübeleien um vier Uhr morgens, bei denen Lily Allens Selbstvertrauen zusammenbricht.
'Sleepwalking' ist klanglich verspielt, emotional jedoch knallhart; das Gefühl, in einer Beziehung gefangen zu sein – "somehow you make it my fault" – reißt einem förmlich die Eingeweide auf, während der köstliche Refrain das komplette Gegenteil ihrer früheren, die Charts stürmenden Arbeiten bildet.
'Madeline' zeigt Lily Allen, wie sie der Geliebten ihres Partners gegenübertritt, wobei ein Spaghetti-Western-Soundtrack die Kulisse für das High-Noon-Showdown bildet. Es macht Spaß, ist mitreißend, und man wird davon erfasst – hier schimmern Anklänge an ihre jüngste Theaterarbeit durch, die narrative Einrahmung grenzt an das Kinotaugliche.
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Ein fein geschliffener Songzyklus: Jeder Track fühlt sich an wie das Abarbeiten eines Kapitels in einem Bestsellerroman. Lily Allens eigene Schreiberfahrungen – ihr ausgezeichnetes Memoir 'My Thoughts Exactly' – dienten offensichtlich als wichtiges Übungsfeld, und die Struktur ist schlank und präzise. 'Pussy Palace' mag mit üppigen Klangflächen funkeln, doch die Texte sind souverän; 'Relapse' führt uns mit kräftigem UKG vielleicht zurück in den Club, doch allem, was sie ausführt, liegen Ziel und Absicht zugrunde.
Das soll nicht heißen, dass 'West End Girl' ihr komplett in den Kopf steigt – das ist immer noch Lily Allen, und es ist ein Album, das weiß, wie man Spaß hat. Der dancehall-neigende Skank von 'Nonmonogamummy' ist fantastisch, während 'Dallas Major' einfach ein raffiniert aufgebauter Soul-Pop-Song ist.
Letztlich ist 'West End Girl' ein Album, das auf mehreren Ebenen funktioniert. Als persönliche Abhandlung hält es sich nicht zurück; das gequälte 'Let You W/In' behandelt den tiefen Schmerz einer zerbrechenden Beziehung auf eine Weise, die mühelos mit Adeles '30' mithalten kann, zum Beispiel. Es gibt auch das Gefühl einer Künstlerin, die sowohl ihre Vergangenheit zurückerobert als auch hinter sich lässt – das verlangsamte Lumidee-Sample auf 'Beg For Me' spielt mit den Gespenstern des Pop der 2000er, und der Titel 'Fruityloop' spielt auf die bei Grime-Produzenten beliebte Software an.
Dies ist ein Album, veranlasst durch realen Schmerz, doch Lily Allen sorgt dafür, dass genug Zucker vorhanden ist, damit die Medizin leichter zu schlucken ist. Eine hart zuschlagende Pop-Exposition, die sich häufig kühn anfühlt und zugleich eine endlose Versorgung mit Hooks bietet. 'West End Girl' zeigt Lily Allen im Zentrum einer romantischen Implosion, die aus den Trümmern imposante Gestalten formt.
8/10
Worte: Robin Murray
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