Nur wenige Wochen vor der Veröffentlichung ihres vierten Albums reflektieren Alana, Danielle und Este Haim über Herzschmerzen, schlechte Dates und die brüderliche Synergie, die ihr bisher kohärischstes Werk geprägt haben.
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Es ist ein sonniger Nachmittag Ende Mai, und Este, Danielle und Alana Haim sind im Vereinigten Königreich, um ihre neue Single „Take me back“ zu promoten. CLASH spricht mit dem Schwesterntrio – alle in den 30ern – über Zoom aus einem schwülen Hotelzimmer im Zentrum Londons. Die Mädchen versuchen, die Klimaanlage zu navigieren und mit einem kaputten Laptop zurechtzukommen, der abstürzt, sobald sie die Kamera einschalten. Trotz technischer Probleme sind HAIM aufgeregt und gesprächig, vor allem Alana – liebevoll Baby Haim genannt – die das Gespräch mit Anekdoten über katastrophale verlorene Lieben und die Freude am Recording dominiert.
Ihr neues Album „I quit“ erscheint fünf Jahre nach dem gefeierten Werk „Women in Music Pt. III“. Auf fünfzehn Tracks vertreten HAIM die These vom Aufhören und Neuanfang; sie weben Geschichten von Herzschmerz, Enttäuschung, Lust, Nostalgie und Freiheit in ihre charakteristische Mischung aus 70er Soft Rock. Der Albumauftakt „Gone“ ist ein triumphaler Moment. Ähnlich wie Beyoncés „Cowboy Carter“ enthält der Track ein gospel-gestütztes Sample von George Michaels „Freedom! ‘90“. Das Ergebnis ist befreiend. „Kannst du bitte deine Aufmerksamkeit schenken / Zum letzten Mal, bevor ich gehe?“ beginnt Danielle Haim langsam. „Anderweitig habe ich meine Meinung geändert.“ Sie entfacht ein Wirbelmeer aus Erleichterung, Herzschmerz und Erlösung, das im letzten Track „Now it’s time“ kulminiert.
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„I quit“ ist HAIMs bisher kohäristischstes Werk. Es wurde nach Danilles Trennung von Ariel Rechtshaid geschrieben und konzipiert, ihrem Freund von neun Jahren und Co-Produzenten der ersten drei Alben. Das Album fasst die ärgerliche, belebende, verworrene Masse von Emotionen zusammen, die mit Abschied nehmen verbunden sind. Am besten lässt es sich beim Leading Single „Relationships“ darstellen, einem sommerlichen, perkussiv lastigen Ohrwurm, der wie eine befreiende Fortsetzung von 2017s „Want You Back“ wirkt, diesmal jedoch das endgültige Ende einer Beziehung signalisiert.
Zufälligerweise wurde „Relationships“ bereits 2017 geschrieben und speiste sich aus denselben glatten R&B-Klängen der 90er, die auch auf HAIMs zweitem Album „Something To Tell You“ zu hören sind. Die Mädchen erinnern sich an einen kurzen Flug von Sydney nach Melbourne, bei dem Danielle über die GarageBand-App auf ihrem Handy gebeugt war, verzweifelt bemüht, den Track fertigzustellen. Von der Band als „Problemkind“ bezeichnet, lag er lange im Hintergrund, mit ständig wechselnden Akkordfolgen und Texten. „Wir wussten immer, dass er etwas Besonderes ist, aber wir konnten die Produktion nicht richtig hinbekommen.“ Bemerkenswert ist, dass all ihre größten Hits dasselbe Problem hatten: „Want You Back“, „The Wire“ und „The Steps“ waren allesamt Liebesprojekte. „Diese Lieder… wir halten sie alle sehr nah und lieb zu unserem Herzen“, sinniert Alana. „Wahrscheinlich, weil wir so hart daran gearbeitet haben“, fügt Danielle hinzu.
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Bei „Relationships“ erinnern sich die Mädchen an einen „Eureka-Moment“, als Danielle das Schlagzeugmuster herausfand. „Das ist es, was du brauchst, um weiterzumachen“, sagt Alana. „Rostam [Batmanglij] war wahrscheinlich die einzige Person, die verstanden hat, wie speziell dieses Lied ist, abgesehen von uns“, stimmen die Mädchen zu. „Er hat uns wirklich geholfen, die Zeit zu investieren und es herauszufinden. Deshalb fühlte sich der Weg zu ‚I quit‘ wie der perfekte Anfang an.“
Die Schwestern sprechen mit großer Bewunderung und Respekt über Rostam – Gründungsmitglied von Vampire Weekend, der für Künstler wie Frank Ocean, Solange und Charli XCX produziert hat. „Er hat so ein Verständnis und eine Wertschätzung für alle Arten von Musik“, sagt Danielle. „Er hat auch großartigen Geschmack“, fügt Este hinzu. Danielle traf Rostam vor Jahren, als sie mit Julian Casablancas auf Tour war, und die beiden scheinen eine kreative Seelenverwandtschaft gefunden zu haben. Alana vergleicht ihre harmonische Partnerschaft mit einem Ballett. „Sie sprechen die gleiche Sprache, haben die gleichen Referenzen, es ist wirklich schön, das zu beobachten.“
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„I quit“ markiert die zweite Zusammenarbeit Rostams mit HAIM. „Ich habe das Gefühl, dass er jeden Klang, an den ich denke, vervollständigen kann“, sinniert Danielle. Sie führt ihre symbiotische Partnerschaft auf einen gemeinsamen musikalischen Hintergrund zurück, der von Natur aus experimentell ist. „Wir wollen immer, dass alles einzigartig nach uns klingt“, sagt sie. „Es ist eine Menge Spaghetti-wandwerfen und schauen, was kleben bleibt, und ich denke, Rostam war ein so großartiger Produzent, um das umzusetzen.“
„Im Kern sind wir eine Rockband“, fährt Danielle fort. „Wir lieben es aufzunehmen, und wir wollen klingen wie eine Band, die organische Instrumente interessant macht. Das hat er in seiner Musik immer gemacht, und er ist auch nicht snobistisch dabei. Er kann alles, und ich bewundere ihn und sein Gehör wirklich sehr.“ Diese Synchronizität erstreckt sich auch auf das Privatleben der Band; alle drei Schwestern waren beim Schreiben Single, und Danielle zog sogar mit Alana zusammen, was in der bittersüßen Akustik-Ballade „The Farm“ mit Zeilen wie: „Und meine Schwester sagte, es ist in Ordnung / Du kannst bei mir bleiben / Wenn du einen Ort brauchst, um dich zu beruhigen / Bis du wieder auf den Beinen bist“ dokumentiert ist.
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Zur Inspiration griffen HAIM wieder auf die Musik zurück, die ihre Teenagerjahre prägte; vor allem Cat Power und Architecture in Helsinki. „Wir haben alles gehört, was Danielle beim Autofahren für mich gespielt hat.“ Ihre Erinnerungen an die Highschool ohne elterliche Aufsicht haben die Bindung der Mädchen noch vertieft. „Es war dieses wunderschöne Gefühl, so extrem verbunden mit meinen Geschwistern zu sein“, sagt Alana. „Wir haben alle dasselbe erlebt: schlechte Dates, gute Dates, verrückte Dates.“
Am Tag unseres Gesprächs wurde die vierte Single aus „I quit“, „Take me back“, veröffentlicht. Nostalgie durchdringt das Album, besonders auf diesem Track. „Danielle hat in meinem Homestudio etwas ausgeheckt“, erinnert sich Alana, „und sie hatte diese Zeile ‚Take me back‘. Wir wussten nicht, was es bedeutete.“ Zu diesem Zeitpunkt waren sie mitten in der Albumproduktion und beklagten unzählige unfertige Verse und Refrains. „Ich liebe es, Songs anzufangen, aber nicht, sie fertigzustellen“, scherzt Alana. Rostam gab ihnen zehn Minuten, um an dem neuen Lied zu arbeiten, und irgendwie passte alles zusammen.
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Ein Freund aus Vancouver kam vorbei, und gemeinsam tauschten sie gefährliche Geschichten aus der Highschool. Es erwies sich als günstiger Moment. „Es öffnete eine Pandora’s Box all der verrückten Sachen, mit denen wir durchgekommen sind“, verrät Alana. „Es wurde zu einem Tag, den ich niemals vergessen werde. Von so ernst, dass ich nichts tun wollte, bis zu schreien, weinen, lachen. Es war pure Freude.“ Inmitten des Chaos erinnerte sich Danielle an die Zeile „Take me back“. „Es blühte zu diesem wunderschönen, nostalgischen Moment auf“, erinnert sich Alana. Die Mädchen vergleichen den Song mit den letzten Schultagen, was auch auf den Albumveröffentlichung zutrifft. „Wir haben drei Wochen übrig, und niemand gibt auch nur einen Blick dafür. Los geht’s! Es ist dieses Gefühl des Ausbruchs und der Freude mit den Freunden.“
Ich frage, welchen Rat sie ihren jüngeren, leicht beeinflussbaren Ichs geben würden. „Ich denke, wir haben immer aus Erfahrung geschrieben, aber wir schreiben auch über Geschichten, die uns Freunde erzählen, Dinge, die wir lesen“, sagt Danielle, bevor Alana eine Anekdote über einen britischen Jungen erzählt, der ihr vor zwölf Jahren das Herz brach und den sie zwei Wochen zuvor zufällig auf Londons Straßen traf. „Ich hätte nie gedacht, dass ich darüber hinwegkomme, aber als ich ihm begegnete, fühlte ich nichts, im Gegenteil, ich wollte lachen!“ berichtet sie. „Ich konnte 21-jährige Alana umarmen. Jetzt, wo du älter bist, siehst du diese Person an und fühlst nichts; als du Herzschmerz hattest, hast du alles gefühlt.“ Natürlich rief sie sofort ihre Schwestern an, um alles zu besprechen. „Ich bin ehrlich gesagt für jeden Herzschmerz dankbar. Jetzt habe ich so viele lustige Geschichten zu erzählen.“
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HAIM befindet sich mitten in einer äußerst spaßigen Single-Veröffentlichungsphase, bei der sie ikonische Paparazzi-Fotos aus den 2000ern für jede neue Veröffentlichung nachstellen. Erst diese Woche waren sie an einer zufälligen Straßenecke in Manchester, um ein klassisches Foto von Jamie Dornan und Keira Knightley nachzustellen, beim Stöbern in einem Einkaufszentrum nach genau den Hosen mit Schleifen: „So spontan war das!“ Die Idee kam von dem berühmten Foto von Nicole Kidman (angeblich) frisch geschieden, das die Cover-Kunst für „Relationships“ inspirierte. „Ich sah dieses Foto und es hat mich wieder zum Leben erweckt“, sagt Alana. „Sie vermittelt buchstäblich jede Emotion, die eine Beziehung hat; es gibt Glück, das Gefühl, ungebunden und unaufhaltsam zu sein, aber auch vielleicht einen Hauch von ‚Habe ich das Richtige getan?‘ ‚Ich habe das Richtige getan!‘ Dieser Achterbahn der Gefühle nachzuspüren, hat so viel Spaß gemacht.“
HAIM haben sich noch nie zu ernst genommen, sind aber selbsternannte Perfektionistinnen; sie neigen dazu, Lieder fast ein Jahrzehnt lang aufzubewahren, bis der Moment passt. „Wann immer ich unsere alten Sachen höre, bin ich so stolz auf unser jüngeres Ich“, sinniert Danielle. Este hebt „The Wire“ als einen bedeutenden Moment für sich hervor: „Ich war einfach so stolz, dass wir es rausgebracht haben.“ HAIM pflegten „The Wire“ vier Jahre lang, um sicherzustellen, dass es perfekt ist. Alana nennt ihre Debütsingle „Forever“ einen weiteren dauerhaften Hit. „Es war das erste Mal, dass das, was wir in unseren Köpfen gehört haben, tatsächlich Wirklichkeit wurde, der Beginn einer wirklich aufregenden neuen Reise.“
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„Alles, was ich wollte, war auf Tour gehen und das Tal verlassen“, reflektiert Alana über die frühen Jahre der Band. Und nichts hat sich geändert. Die Mädchen sind immer noch leidenschaftlich beim Touren, improvisieren mit dem Publikum und ziehen lange Instrumentalpassagen in die Länge. Ein kürzlicher Auftritt in Liverpool löste die gleiche Nervosität aus wie bei den jungen Mädchen damals. Alana erinnert sich an eine Lehrerin, die ihr gesagt hat: „Wenn du nervös bist, bedeutet das, dass dir etwas am Herzen liegt“, und diese Fürsorge ist nach wie vor da. „Sie hat uns nie verlassen, wir kümmern uns so sehr, lieben, was wir tun, und sind so dankbar, hier sein zu dürfen, Musik zu machen und gemeinsam die Welt zu bereisen.“
HAIM sprechen darüber, welche Tracks von „I quit“ sie am meisten live spielen möchten, als sie durch eine Nachricht ihrer Mutter unterbrochen werden. „Es tut mir leid, meine Mutter schreibt mir, genau jetzt!“, lacht Alana, bevor sie weitermacht. „Es gibt so viele, aber ich würde sagen ‚Down to be wrong‘. Ich habe es schon gesagt, aber Danilles Gitarrensolo bringt mir wirklich Tränen in die Augen. Es ist so verdammt kitschig, aber es ist wahr, ich bin einfach so beeindruckt von meiner Schwester, beiden Schwestern, und wie unglaublich talentiert sie sind. Ich denke, Danielle ist die beste Gitarristin aller Zeiten.“
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Die Mädchen sind schon immer eng miteinander verbunden und nutzen jede Gelegenheit, sich gegenseitig zu bestätigen. Ihre musikalische Bindung reicht zurück in die Kindheit, als sie in Rockinhaim spielten, einer Familien-Coverband, angeführt von ihren Eltern Moti und Donna. „Wir haben früher Lieder vom Radio auf Kassette aufgenommen, zusammen mit unserer Mutter. Wir haben das Lied immer wieder gehört. Sie hat uns beigebracht, die Akkorde nach Gehör herauszuhören.“ „Und wir haben so vieles falsch gemacht“, ergänzt Este. „Wir haben es etwa 75.000 Mal gehört und die Texte per Hand aufgeschrieben.“
„So haben wir die Songstruktur gelernt. Im Grunde haben wir eine Art Schulung im Gehörsammeln gemacht“, fährt Alana fort. Dieses musikalische Können, früh vermittelt, hat HAIM ermöglicht, ihren eigenen Platz im Rock zu finden, ihren eigenen Weg zu gehen, ohne Kompromisse, selbst als das Genre an Popularität verlor. „Wir haben an unseren Prinzipien festgehalten, und ich bin wirklich stolz“, sagt Danielle.
Zum Abschluss unseres Gesprächs blicken die Schwestern auf den kommenden Sommer; eine Reihe europäischer Festivalauftritte – von Primavera Sound über Margate bis hin zu einem nicht-so-geheimen Glastonbury-Auftritt. Sie freuen sich, wieder auf Tour zu gehen und ihre neueste Sammlung einem neuen Publikum zu präsentieren. „Ich denke, wir sagen einfach ja“, schließt Alana. „Wenn du ja sagst, gehst du auf ein wildes Abenteuer.“
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