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Tame Impala — Taugenichts

Tame Impala — Taugenichts

      Was lässt sich über Tame Impala noch sagen, das nicht schon hundertfach gesagt wurde? Eigentlich ziemlich viel. Seit anderthalb Jahrzehnten ununterbrochen von der Kritik gefeiert, hat Kevin Parker sich immer mehr mit seinem Ruf als Liebling der Musikindustrie arrangiert… vielleicht zu sehr.

      Während der polierte Glanz von 'Currents' und 'The Slow Rush' seine Gefolgschaft vervielfachte, dämpfte er auch seine Kreativität. Mehr als fünf Jahre nach seinem letzten Album ist die One-Man-Band mit 12 neuen, uneinheitlichen Stücken zurück, die eine einst außergewöhnlich scharfe Vision bis zur Unkenntlichkeit verwischt haben. Während die Klangtexturen mit der Zeit reicher wurden, verlor Parkers Songwriting an Durchschlagskraft. Angesichts dessen, was er für die Filme 'Dungeons & Dragons' und 'Barbie' beigesteuert hat, sah es ohnehin nicht gut aus, sodass bereits viel auf dem Spiel stand.

      'Deadbeat' ist insofern einzigartig, als dass sein schwächstes Stück als Single veröffentlicht wurde, mit Zeilen wie „Jetzt bin ich Mr. Charisma, verfickter Pablo Escobar“, die ihm nichts Gutes tun. Als Parker den Song als einen der prägenden Momente seiner aktuellen Ära bezeichnete, wurde klar, dass er kein Interesse daran hat, mit den Standards zu konkurrieren oder sie zu übertreffen, die er in den letzten vier Alben gesetzt hat. Diese Haltung ist vermutlich der Grund, warum er die Veröffentlichung mit zwei weiteren Stücken in derselben Stimmung wie das oben erwähnte einleitete. Während ein Stück wie 'Loser' für eine Promo-Veröffentlichung eher enttäuschend wirkte, bietet 'End of Summer' einen halbherzigen Beat mit Gesang, dem es an Überzeugung fehlt — obwohl Letzteres einen kurzlebigen warmen Moment genau in der Mitte hat, hebt die quietschige Darbietung von „Mach's allein, geh da allein durch“ das kurz gezeigte Versprechen wieder auf.

      Während die Schlagzeuge auf seinem letzten Album die meiste Arbeit leisteten, besitzt dieses nicht dieselbe perkussive Anziehungskraft und hat am Ende noch weniger erlösende Qualitäten. Vielmehr baut es auf den Optimismus frommer Fans, die an Parker fast bedingungslos glauben.

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      Der australische Produzent wirkt an diesem Punkt seiner Karriere etwas verwirrt darüber, was er unter dem Namen Tame Impala veröffentlichen möchte, denn die hier vorliegende Tracklist passt aus keiner Perspektive zusammen. Zum Beispiel hätte der Beat von 'Obsolete' Nelly Furtados Marke perfekt ergänzt, als sie Mitte der 2000er an 'Loose' arbeitete; Parkers Stimme gleitet jedoch nicht mit der nötigen Flüssigkeit über das Instrumental.

      Dann gibt es Nummern wie 'No Reply', 'Oblivion' und 'Afterthought', die sich wie weniger belebende Varianten einer Ambient-House-Spielart anfühlen, die ohnehin schon von Überfluss gezeichnet ist. Ähnlich wie André 3000s Wendung zur New-Age-Yoga-Musik kursieren weitaus überzeugendere Varianten dieses Stils seit Jahren, sodass diese Tracks trotz ihrer Eingängigkeit nicht beeindrucken. Obwohl der 39-Jährige erklärt hat, dass sein neuestes Material „tief inspiriert von der Bush-Doof-Kultur und der Rave-Szene in Westaustralien“ sei, hält das Album nicht einmal in diesem Kontext.

      Was an 'Deadbeat' frustrierend ist, ist, dass das Potenzial, das durch seine umständliche Ungenauigkeit verborgen liegt, gelegentlich an die Oberfläche tritt, nur um im nächsten Moment zu verschwinden, bevor es zu etwas Relevanten heranwächst.

      Jede Hoffnung, das Album könne die Singles übertreffen, verpufft eine Minute in den ersten Song, als das warme, behagliche Intro hastig seine Konfiguration ändert. Dennoch zeigt sein Songwriting auf 'Piece of Heaven' trotz mangelhafter Arrangement-Anteile vielversprechende Lebenszeichen — der distanzierte Schlussteil hingegen ist absolut atemberaubend und ohne Frage der mit Abstand fesselndste Moment des gesamten Albums. Ebenso kommt 'See You On Monday (You’re Lost)' seinem fesselndsten Tame-Impala-Gestus am nächsten, obwohl auch hier eine Kehrtwende einsetzt, wenn er singt: „Ich bin der, den du willst, und du kannst mich anmachen / Aber das Leben macht nicht viel Spaß, wenn man nicht weiß, wohin man unterwegs ist.“

      Diese flüchtigen Sichtungen seines künstlerischen Könnens machen die Leichtfertigkeit, die 'Deadbeat' dominiert, umso enttäuschender. Genau deshalb fühlt sich das Zurückfallen von 'Not My World' in seine ursprüngliche Form nach einem nur mäßig eingängigen Mittelteil ermüdend an. Außerdem nimmt 'Ethereal Connection' für das Wenige, das es über seine siebenminütige Laufzeit bietet, zu viel Raum ein. Als das wohl überzeugendste Indiz für Tame Impalas Identitätskrise steht das gemächliche Weiterlaufen dieses Titels in direktem Kontrast zu der Selbstsicherheit, die ihn hervorgebracht hat.

      Abgesehen von vereinzelten Spuren von Parkers Genie weckt das Album zu keinem Zeitpunkt Leidenschaft, da es schlicht nichts enthält, was den Wunsch weckt, eine Vinyl-Ausgabe zu besitzen oder die Tracklist live zu erleben. Zweifellos die spannendste Erscheinung der 2010er, seine Arbeit ist inzwischen kaum noch von der Homogenität zu unterscheiden, der er einst diametral entgegenstand. Zwar ist er nach wie vor das Mastermind hinter Tame Impala, doch beginnt der australische Komponist immer mehr wie nur eine einzelne Person im Studio zu klingen — eine Tatsache, die früher die Leute vom Hocker riss.

      5/10

      Text: Karan Singh

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      #Tame Impala

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