Musik Nachrichten
Luvcat - Gefährlich lecker

Luvcat - Gefährlich lecker

      ‚Vicious Delicious‘ könnte nicht passender zur Jahreszeit sein: das von Streichern durchzogene ‚Spider‘ und sein gruselig-krabbelnder Refrain – „Spinne, Spinne, kriecht in sie hinein“ – wirken wie etwas aus einem Horrorfilm. Aber Luvcat ist nicht nur für die Gruselzeit da – dieses Debüt wirkt eher wie Halloween, überzogen mit einer Valentinstagsbrille. Hell gegen Dunkel, Unschuld gegen Kink, Verlangen gegen Zerstörung: Luvcat balanciert stets auf beiden Seiten. „Nichts ist erfunden, alles ist echt“, verspricht sie. Und als sie während des Karnevalschaos in ‚Blushing‘ erklärt: „Kann nicht vom Riesenrad steigen / Wenn der Zirkus in mir ist“, wird klar, dass die Fahrt bald beginnt.

      Der Opener ‚Lipstick‘ geht gleich zur Sache mit seinem flirtenden Befehl: „Küss mir doch meinen ganzen Lippenstift ab.“ Hier spielt sie mit puppenhaften Rollenspielen, bevor sie sich später auf dem Album komplexeren Beziehungen zuwendet. Glückliche Enden sind für ihre männlichen Begleiter oft selten: ‚He’s My Man‘ entwickelt sich zu einer versengten Mordballade, in der der titelgebende Liebhaber „immer dünner wird“ und „sich darüber beschwert, dass seine Sicht verschwimmt“, ohne erklärbaren Grund — wobei Luvcats Gleichgültigkeit hier vielsagend erscheint. Durch diese Vignetten hindurch entsteht der Eindruck, dass diese Männer eigentlich gar nicht die Hauptsache sind — sie sind Requisiten, Figuren, die von der Mitte von Luvcats eigenem verdrehtem Theaterstück aus gelenkt werden, während sie ihre eigene Identität auslotet.

      Und wenn sie sich von den Themen Liebe und Sexualität entfernt, sind die Ergebnisse genauso fesselnd. ‚Alien‘ tauscht schlüpfrige Erzählungen gegen traumhafte, an Fleetwood Mac erinnernde Klangtexturen und reflektiert über Jugend und Außenseitertum: „Fing an, mich wieder seltsam zu fühlen / Stand unter den Sapiens / Versuchte, genauso zu sein wie sie / Aber ich bin ein Alien“, singt sie. Ein abgenutztes Motiv, doch in Luvcats Händen wirkt es immer noch aufrichtig.

      Durch ‚Vicious Delicious‘ zieht sich ein Chaos; in gestohlenen Momenten aufgenommen, kommen seine rauen Kanten zum Vorschein: Der Lippenstift ist zwar immer aufgetragen, aber immer ein wenig verschmiert, die Outfits durchdacht, doch die Strümpfe leicht zerrissen. Doch genau das ist Teil seines Charmes. Wie Popkolleginnen CMAT und Lola Young umarmt Luvcat die Unvollkommenheit, und dadurch wird sie umso magnetischer. ‚Vicious Delicious‘ ist chaotisch, theatralisch und ungehemmt eigenartig, und genau das macht es so fesselnd.

Andere Artikel

Chiedu Oraka - Unbestreitbar

Chiedu Oraka - Unbestreitbar

Es schlägt auf ganzer Linie hart zu und verbindet garagengetriebene Energie mit düsteren, introspektiven Stücken.

Süd-Londons Jerkcurb veröffentlicht neue Single „Hungry“.

Süd-Londons Jerkcurb veröffentlicht neue Single „Hungry“.

Das nachdenkliche neue Stück stammt von seinem kommenden Album „Night Fishing On A Calm Lake“.

Creeper - Sanguivore II: Herrin des Todes

Creeper - Sanguivore II: Herrin des Todes

Durch die Verflechtung zeitlicher und genretypischer Konventionen klingt dieses Album, als hätte es irgendwie schon immer existiert.

Hexenfieber - Fiebergefressen

Hexenfieber - Fiebergefressen

Unermüdlich in ihrem Streben nach texturalen und klanglichen Feinheiten.

The Cribs veröffentlichen die neue Single „A Point Too Hard To Make“.

The Cribs veröffentlichen die neue Single „A Point Too Hard To Make“.

Die Band hat außerdem angekündigt, im nächsten Sommer ein großes Konzert in ihrer Heimatstadt Leeds zu geben.

Angestellte – Nimm es oder lass es

Angestellte – Nimm es oder lass es

Wenn Sie Nostalgie nach Indie der 2000er verspüren, sind Salarymen die Antwort. Das in Sydney ansässige Duo hat sein Debütalbum 'Take It Or Leave It' veröffentlicht.

Luvcat - Gefährlich lecker

Chaotisch, theatralisch und kompromisslos seltsam.