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For Those I Love – Das Steinbildhauerei

For Those I Love – Das Steinbildhauerei

      Eine kraftvolle Rückkehr des irischen Künstlers...

      07.08.2025

      Als For Those I Love – bürgerlich David Balfe – sein melancholisches Debütalbum veröffentlichte, war es nicht nur eine Schallplatte, sondern ein Gedenken. Ein Meisterwerk der gesprochenen Worte und eine kraftvolle Hommage, die seine unzerbrechliche Verbindung zum verstorbenen Paul Curran, seinem besten Freund und lebenslangen Musikkollegen, darstellte. Selbstproduziert und voller Trauer, verband dieses Projekt intime Sprachaufnahmen, nostalgische Samples und Rave-inspirierte Elektronik zu einem klanglichen Ritual. Trotz seiner Kraft war eine erneute Auseinandersetzung mit diesen Emotionen nicht notwendig, und sich erneut zu traumatisieren, schien keine Option zu sein.

      Was aus dem inneren Konflikt hervorging, wurde ‚Carving The Stone‘, ein ambitioniertes Album, das seine Botschaft vertieft und seinen musikalischen Fokus schärft. Es ist eine Erkundung des Verlusts der Zukunft einer Generation, der Energie einer Kultur und der Seele einer Stadt. Beginnend in seiner Wohnung in Dublin, wo er ohne Pause negative Beobachtungen festhielt und alles in seiner Notizen-App dokumentierte, formten sich diese Kritzeleien schließlich zu Versen. Durch sein introvertiertes Leben und seine Vertiefung im Heimstudio brachte Balfe weiterhin die Vorstellungen vom Leben der Arbeiterklasse, familiärer Liebe und poetischer Erinnerung in rhythmische Beobachtungen, untermalt von sorgfältig gewählten Texten und packenden Melodien.

      Der neue Sound ist mutiger, getragen von gewaltigen Streichern, schroffen Gitarrenlinien, scharfen Synths und ansteckenden Trommeln. Dabei bleibt seine Stimme konstant, spricht über die Details der Gentrifizierung im modernen Leben und die Grausamkeit der Zeit selbst im Verlauf des Albums. ‚Carving The Stone‘ beginnt mit einem durchdringenden Panikzustand, wenn Balfe im Eröffnungstrack flüstert: „Forced awake at night to mourn this loss of time“, während schimmernde Synths schweben. Es ist der Anfang eines zentralen Themas, das das Album durchzieht: der langsame Tod der jugendlichen Freiheit und die existentielle Angst.

      Auf dem Titelsong, einem der herausragenden Singles des Albums, liefert Balfe seine bisher lebendigsten Geschichten. Die Produktion dieses Tracks entspricht seiner Intensität, verbindet Trip-Hop-Bässe mit ambienter Angst, während Balfes Stimme über dem Beat schwebt und gelegentlich von unheilvollen Drones unterbrochen wird. Bei ‚No Scheme‘ übernimmt der Zorn das Steuer. Balfe kontrastiert jugendliche Ausschweifungen mit den komplexen Mühen des Erwachsenwerdens und sagt: „We’ve all got real jobs and we’re bored.“ Dennoch ist ‚Carving the Stone‘ nicht nur Verzweiflung – es gibt auch Momente voller Schönheit und Zärtlichkeit. In ‚Civic‘ sorgen glitzernde Klaviermelodien und schimmernde Becken für Erinnerungen an verganges Glück und erklären, wie die Kunstproduktion ihm ermöglicht, die Zeit zu verlangsamen. Balfe erklärt: „Im Tun fühle ich mich mit mir selbst und dem Leben verbunden.“

      Tiefer in das Werk eintauchend, erzählt ‚The Ox / The Afters‘ die Geschichte eines aufstrebenden Boxers, der an den Docks arbeitet, ein „stämmiger Dublin Rocky, der Schattenboxen in der Luft“. Sein militärischer Trommelrhythmus verleiht dem Track eine hoffnungsvolle Note, doch die Stimmung trübt sich, während intrusive suizidale Gedanken auftreten – ein wiederkehrendes Thema bei der Erforschung männlicher psychischer Gesundheit. Dann ist da ‚Mirror‘, bei dem die Synths bedrohlicher werden und die gesungene Stimme gespenstischer klingt, während der Künstler Angst, soziale Entfremdung im Netz und Selbstmedikation erkundet.

      Das Album endet mit einer kraftvollen Zeile: „I came back to see the stone had moved.“ Es ist eine Aussage voller Bedeutung, Trauer, die sich verschoben hat, Veränderung, die eingetreten ist, und eine Vergangenheit, die nicht wiederholt werden kann, auch wenn man zurückkehrt. ‚Carving The Stone‘ ist ein ehrliches, manchmal brutales Portrait des modernen Lebens in Dublin – roh, poetisch und politisch aufgeladen. Balfe schöpft Bedeutung aus Widersprüchen, findet manchmal Hoffnung im Leid, Schönheit in Vorhersehbarkeit und Kunst in den Grauzonen zwischen Erinnerung und Verlust. Da das Album das Konzept der Zeit in den Mittelpunkt stellt, wirkt ‚Carving The Stone‘ so, als würde es die Zeit überdauern.

      8 von 10

      Worte: Ben Broyd

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